Nachruf

Prof. Dr.-Ing. Volker Deutsch

*13. Dezember 1932    †13. Januar 2023

Die Firma KARL DEUTSCH Prüf- und Messgerätebau trauert um ihren langjährigen Inhaber und Chef. Am 13. Januar 2023 verstarb Prof. Dr.‑Ing. Volker Deutsch im stolzen Alter von 90 Jahren.

Die Familie seines Vaters und Firmengründers Karl Deutsch stammt aus Wittenberge an der Elbe. Ing. Karl Deutsch war unter anderem beruflich in Aerzen tätig, und so wurde Volker Deutsch im nahe gelegenen Hameln am 13. Dezember 1932 geboren.

In Posen (heute Poznan, Polen) leitete Karl Deutsch bis 1944 eine Maschinenbaufirma. Posen musste fluchtartig verlassen werden, als die russische Armee vor der Tür stand. Jedes Familienmitglied durfte ein Gepäckstück mitnehmen, und man ergatterte Plätze im letzten Zug. Von seinen Schulkameraden hat Volker Deutsch nur einen einzigen wiedergesehen. Nach vielen Stationen der Flucht landete die sechsköpfige Familie in Wuppertal. Als ältestes Kind musste Volker Deutsch schnell lernen, Verantwortung zu tragen. Flüchtlinge wurden nicht nur positiv in Wuppertal empfangen – weder in der Schule noch im Tennisclub, wo der „Wuppertaler Geldadel“ auf die Zugezogenen herabblickte. In dieser Zeit entwickelte Volker Deutsch einen enormen Ehrgeiz und den Willen zum Erfolg.

Karl Deutsch machte sich im Jahr 1949 selbständig und die Zerstörungsfreie Prüfung stand schnell im Fokus der Produktpalette. 1951 entstand das erste Ultraschallprüfgerät. Kurz danach stellte die junge Firma das erste Magnetpulverrissprüfgerät vor. So leistete die Firma KARL DEUTSCH Pionierarbeit in der ZfP – in guter Gesellschaft mit den Firmen KRAUTKRÄMER, FOERSTER, SEIFERT und TIEDE.

Ab 1953 studierte Volker Deutsch an der RWTH Aachen Maschinenbau. Nach dem Diplom wechselte er nach Hannover, wo er am Institut für Werkstoffkunde bei Prof. Alexander Matting im Jahr 1961 promoviert wurde. Während dieser Zeit arbeitete er parallel für die Amtliche Material-Prüfanstalt und so sammelte er in diesen Jahren vielfältige praktische Kenntnisse zu allen Verfahren der Werkstoffprüfung. Er half auch dabei, die ersten Kurse der DGZfP außerhalb Berlins zu organisieren.

Nach dem Firmeneintritt von Volker Deutsch verzeichnete die Firma große Wachstumsraten. Firmengründer Karl Deutsch war nur noch beratend tätig, riet seinem Sohn aber davon ab, sich nur noch mit der erfolgreichen Magnetpulverrissprüfung zu befassen und von der Ultraschallprüfung abzuwenden. Als Begründung meinte er, „dass man auf zwei Beinen besser steht“. Das war eine gute Entscheidung – auch wenn der Wettbewerb gegen den Marktführer KRAUTKRÄMER (ebenfalls gegründet im Jahr 1949) nicht immer einfach war. Mitte der 60er Jahre startete die Firma KARL DEUTSCH mit dem Sondermaschinenbau – damals noch mit externen Mechanikpartnern. Im Jahr 1967 bezogen 35 Mitarbeiter das neu errichtete Werk 1 in Wuppertal, welches bereits im Jahr 1972 um einen Anbau erweitert werden musste.

Auch privat gab es viele Veränderungen: Im Jahr 1964 verlobte er sich in Kärnten und heiratete 1965 in Wien seine von dort stammende Frau Heidi. In den Jahren 1967, 1969 und 1972 wurden die Kinder Wolfram, Elke und Olaf geboren.

Im Jahr 1974 starb Karl Deutsch überraschend und erlebte den Neubau von Werk 2 im Jahr 1978 nicht mehr, welcher den nun hauseigenen Sondermaschinenbau beherbergte. Volker Deutsch bereiste die Welt und traf Kunden und Handelspartner. Viele davon wurden zu Freunden, denn Volker Deutsch konnte Menschen für sich einnehmen. Bei den Weihnachtsfeiern war ihm wichtig, mit wirklich allen Mitarbeitern im Verlauf der Veranstaltung gesprochen zu haben. Auf jeder Fachtagung war er ein geschätzter Gesprächspartner. In Wuppertal wurden (auch) ZfP-Kurse angeboten, die nicht selten in der heimischen Kellerbar endeten. An der Universität Dortmund hielt er mit Begeisterung die Vorlesung zur ZfP und wurde mit 50 Jahren zum Professor berufen.

Der Auslandsumsatz war und ist ein wichtiges Standbein der Firma. Bereits in den 70er Jahren streckte Volker Deutsch zusammen mit Vertriebsleiter Helmut Cost seine Fühler in China aus – als erster Unternehmer aus Wuppertal. Die Tochterbüros in Schweden und Italien wurden gegründet. Andere Engagements, z. B. in den USA, waren leider nicht so erfolgreich. Es gehört Glück dazu, die richtigen Partner zu finden. Das ist in China mit Herrn Zhengxin Zhang perfekt gelungen, der 25 Jahre lang das überaus erfolgreiche Büro in Peking führte. Im Stammwerk in Wuppertal arbeiteten zu der Zeit rund 100 Mitarbeiter.

Bei der Leitung einer Firma gibt es Höhen und Tiefen. Nach der politischen Wende 1989 brach der Umsatz in Osteuropa ein. Das Wohl der Mitarbeiter und das Halten von Fachkräften stand aber für Volker Deutsch stets im Vordergrund. Personal-Fluktuation bei KARL DEUTSCH war (und ist) ein Fremdwort. Die gesunde Mischung aus Handgeräten, Sensoren, Rissprüfmitteln und Prüfanlagenbau und viele innovative Produkte waren ein Garant für den Erfolg.

Volker Deutsch war eine beeindruckende Führungspersönlichkeit, konnte aber auch (vielleicht gerade deshalb) Verantwortung teilen und ließ seinen Mitarbeitern Raum zur Entfaltung. So ließ er seinen Außendienstmitarbeiter Hans-Jörgen Andersen auch große Verträge selbständig verhandeln: Im Jahr 1993 wurde die bis dahin teuerste KARL DEUTSCH-Ultraschallprüfanlage für Eisenbahnschienen an Thyssen in Duisburg verkauft. Die von Dr. Peter Möller entwickelte Prüfanlage sollte bis zur Werksstilllegung im Jahr 2013 gute Dienste leisten (heute läuft die Anlage im Iran weiter). Mitte der 90er Jahre benannte er die beiden Prokuristen Dr. Michael Platte und Hans-Willi Krümmel zu Co-Geschäftsführern, um die Verantwortung besser zu verteilen und „im Falle eines Falles“ den Übergang auf die nächste Familiengeneration abzusichern.

Im Jahr 1998 trat Dr. Wolfram Deutsch nach Studium in Hannover und Promotion in Chicago in das Unternehmen ein. Volker Deutsch präsentierte stolz seinen Nachfolger und meinte am Ende des Jahres 2000: „40 Jahre VD sind genug!“. Bei Kunden habe er oft erlebt, dass sich Senior- und Junior-Chef uneins waren. Das wollte er unbedingt verhindern! Auch wenn ihm das keiner zugetraut hatte, zog er sich im Jahr 2001 konsequent aus dem Tagesgeschäft zurück und übertrug die Firma auf seinen Sohn Wolfram. Er freute sich auch über den Eintritt von Sohn Olaf in das Familienunternehmen: Seit 1999 wohnt und arbeitet Olaf Deutsch in Peking und verstärkt seit dem Jahr 2005 das chinesische Tochterbüro.

In den folgenden Jahren schrieb er viele Bücher: Fachliches zur Zerstörungsfreien Prüfung (u. a. die 10-bändige Reihe „kompakt und verständlich“ zu den einzelnen Prüfverfahren der ZfP sowie Standardwerke zur Ultraschall- und Magnetpulverrissprüfung), Lustiges („Zerstörungsfreies Schmunzeln“, „Ein Prüfer…“) und zwei Krimis entstanden im Laufe der Zeit. Aufgrund einer Polyneuropathie war Volker Deutsch zunehmend schlechter zu Fuß. Im Jahr 2005 besuchte er letztmalig eine DGZfP-Tagung in Rostock und hielt seinen letzten Fachvortrag bei einer Veranstaltung in Wuppertal. Im Frühjahr 2008 feierte er im großen Rahmen seinen 75. Geburtstag in der prunkvollen Wuppertaler Stadthalle. Zahlreiche Freunde, Fachkollegen und Mitarbeiter der Firma folgten gerne seiner Einladung. Die DGZfP, der Dachverband der Zerstörungsfreien Prüfung in Deutschland, ehrte den Jubilar an diesem denkwürdigen Abend. Prof. Dr.-Ing. Volker Deutsch hatte zahllose Vorträge bei DGZfP-Veranstaltungen gehalten, war langjähriges Beiratsmitglied und Träger der DGZfP-Ehrennadel.

Volker Deutsch war ein Familienmensch und über 50 Jahre glücklich verheiratet. Zwei seiner drei Kinder wohnen in seiner direkten Nähe in Wuppertal. Tochter Dr. iur. Elke Herbsthofer kümmert sich neben ihrer Arbeit in einer Rechtsanwaltskanzlei um den Wuppertaler Castell-Verlag, der seine vielen Bücher verlegte. Er war begeisterter Opa von sieben Enkelkindern. Unvollendet blieb sein letztes Buch mit Witzen vom Opa für seine Enkel. Es trug den Arbeitstitel „Kennze Den?“. Umsorgt von seiner Frau Heidi Deutsch erlebte er noch seinen 90. Geburtstag im Dezember 2022. Am 13. Januar 2023 ist Volker Deutsch im Kreise seiner Familie friedlich eingeschlafen.

Wir werden ihn nicht vergessen und sein Lebenswerk in seinem Sinne fortsetzen!

Volker Deutsch als Prüfingenieur (oben) mit einem frühen ECHOGRAPH-Ultraschallprüfgerät während seiner Zeit als Doktorand in Hannover

Dr.-Ing. Volker Deutsch bei Eintritt in die Firma KARL DEUTSCH mit seinen Eltern im Jahr 1961

Start mit dem Sondermaschinenbau in den 60er Jahren: Ultraschallprüfanlage für Knüppel (links) und Magnetpulverrissprüfanlage für Achsschenkel (rechts)

Firmeneintritt von Dr. (USA) Wolfram A. Karl Deutsch im Jahr 1998

Dr. Matthias Purschke, damaliger Geschäftsführer der DGZfP, gratuliert Prof. Volker Deutsch zum 75. Geburtstag in der Stadthalle zu Wuppertal. Links im Bild Frau Heidi Deutsch.